Eine immer wieder gelesene Argumentation dahingehend, dass entsprechende Internet-verkaufsplattformen wie Amazon andere Darstellungen für vereinzelte wettbewerbswidrige Darstellungen nicht haften, teilte das Oberlandesgericht Köln in einer aktuellen Entscheidung eine Absage (Urteil vom 19. Juni 2015, Az.: 6 U 183/14).
In dem dortigen Rechtstreit war streitig, ob und in wie weit Amazon für die fehlerhafte Darstellung der Textilkennzeichnung bei einer Damenbluse sowie eine fehlerhafte Angabe des Grundpreises bei einem Mittel zur Teppichreinigung und einem Multiöl haften konnte.
Amazon argumentiert unter anderem mit, dass sich hier um Einzelfälle und Ausreißer handelt und daher eine wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit aufgrund des Umfan-ges der Verkaufsplattform nicht in Betracht kommt.
Dieser Ansicht folgten die Richter des Oberlandesgerichtes Köln nicht.
Sie argumentieren unter anderem wie folgt:
„…Das Ausreißer-Argument mag unter dem Gesichtspunkt des fehlendes Verschulden im Einzelfall im Bestrafungsverfahren zu berücksichtigen sein, dem an die objektive Rechtsverletzung anknüpfenden Unterlassungsanspruch steht es jedoch nicht entgegen. Von jedem Unternehmer kann unabhängig von der Größe seines Warenangebotes erwartet werden, dass er die unionsrechtlichen Informationspflichten erfüllt. Die von der Beklagten angeführte „Ausreißer-Rechtsprechung“ gibt es in diesem Zusammenhang nicht..
Soweit die Beklagte sich auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 04.06.1986 (GRUR 1987, 52 – Tomatenmark) beruft, betraf diese keine Verletzung von Informationspflichten, sondern die nach § 3 UWG 1909 zu beurteilende Frage der Irreführung über die Verfügbarkeit einzelner in der Zeitungswerbung eines Lebensmittelmarktes aufgeführter und dort nicht besonders herausgestellter Artikel. Mit dem versehentlichen Vorenthalten von Pflichtinformationen, die der Unionsgesetzgeber als wesentlich ansieht, hat dies nichts zu tun. Im vorliegenden Streitfall belegt das Fehlen der Pflichtangaben in drei Angeboten, dass die beanstandeten geschäftlichen Handlungen der Beklagten eben nicht der für sie geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen. Wer wie die Beklagte als Anbieter von Waren gegenüber Verbrauchern wirbt, muss die ordnungsgemäße Er-füllung der insoweit bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen durchgängig und in je-der Hinsicht sicherstellen. Begründen einzelne Pflichtverstöße die Gefahr, dass notwen-dige Informationen den Verbrauchern auch in weiteren Einzelfällen vorenthalten wer-den, haftet der Unternehmensinhaber gemäß § 8 Abs. 2 UWG ohne eine dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB vergleichbare Entlastungsmöglichkeit auf Unterlassung. In Bezug auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben sind an einen Internetversandhändler keine geringeren Anforderungen zu stellen, als an einen stationären Einzelhändler. Keiner von beiden kann sich damit rechtfertigen und den verschuldensunabhängigen Verletzungsunterlassungsansprüchen anspruchsberechtigter Mitbewerber, Verbände oder Einrichtungen die Grundlage entziehen, indem er auf im Massengeschäft immer wieder vorkommende Versehen und Nachlässigkeiten verweist…“
Praxistipp:
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass auch Plattformbetreiber, die dort entweder eigene Verkaufsangebote darstellen oder aber Dritten die Möglichkeit eröffnen, über genutzte Angebotsdarstellungen Waren und Dienstleistungen anzubieten, für wettbewerbswidrige Aussagen und Darstellungen verantwortlich sind.
Autor:
Rolf Albrecht